Das unverzichtbare »Drumherum« zum Wein

Ein Besuch bei Burgunds berühmtester Fassbinderei François Frères in Saint-Romain

 

Am Ende des Ortsteils Saint-Romain-le-bas befindet sich die Tonnellerie François Frères. Und wenngleich dem Ort prestigeträchtige Premier- oder Grand-Cru-Lagen fehlen, wird doch hier für unverzichtbares Equipment zu ihrer Erzeugung gesorgt. Denn kaum eine der großen Domänen Burgunds fehlt im Portfolio des Unternehmens, das seit 1910 die hölzernen Gebinde für die großen Weine der Côte d’Or produziert. Geleitet wird der Betrieb heute in fünfter Generation von Max Gigandet.

Die Gruppe von Münchner Slow-Food-Mitgliedern, die im Mai der Tonnellerie einen Besuch abstatten durfte, war denn auch merklich beeindruckt von den riesigen Paletten an Fassdauben, die das Gelände pflasterten. Auf der Außenseite angebracht waren Namen wie »Romanée« (für die Domaine de la Romanée-Conti), »Rousseau« (für die Domaine Armand Rousseau in Gevrey-Chambertin), aber auch das für seine Pinot Noirs mehrfach preisgekrönte Weingut Gantenbein (Graubünden/Schweiz).

Etwa 80 Prozent der Produktion gehen in den Export. Gebinde von François Frères kommen in mehr als 40 Ländern, so in Italien, Spanien, Kalifornien, in Südafrika, Kanada und Australien zum Einsatz. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass auch zahlreiche deutsche Winzer zu den Abnehmern der jährlich mehr als 30.000 per Hand gefertigten Fässer zählen. Und bei meinem letzten Besuch in Istrien stellte ich fest, dass auch das französisch-kroatische Paar Olivier Ertzbischoff und Jacqueline Marovac auf seiner »Domaine Koquelicot« (entlehnt aus coquelicot = franz. für Klatschmohn) Kunde in Saint-Romain ist. Kein Wunder, sind der ehemalige Kardiologe und die frühere Pharmazeutin doch Verehrer burgundischer Weißweine. Olivier hat sich zudem u. a. auf der Domaine Leflaive in Puligny-Montrachet das für die Weinerzeugung notwendige Wissen angeeignet, um seine Malvazija- und Chardonnaytrauben nach burgundischem Vorbild zu vinifizieren.

Was aber ist das Geheimnis der begehrten Fässer? »Wir produzieren nicht nur Holzgebinde, sondern wir kümmern uns von Anfang an darum, welche Hölzer wir verwenden, und lagern die Stämme direkt bei uns«, erklärt Lilian Hyza. Der junge Önologe hat nach verschiedenen Stationen in Frankreich, den USA, Neuseeland und auch im Pariser Weinhandel die Kundenbetreuung von François Frères übernommen. Und die ist umfassend. Einfach so hereinspazieren und ein Fass kaufen – das funktioniert nicht. Hyza und seine Kunden erörtern genau, welche Fässer für welche Weine sie benötigen. Und da hat jeder seine eigenen Vorstellungen. Das beginnt damit, dass man sich für eine Eichenart entscheidet. Manche Domänen suchen auch das Holz selbst aus und lassen es bei François Frères bis zur Verwendung reifen – ein Vertrauensbeweis, dessen Wert sich das Unternehmen voll bewusst ist. Auch die Fassgröße spielt eine Rolle. Denn nicht immer wird die traditionelle burgundische Pièce (228 Liter) oder das Barrique (225 Liter) verlangt, sondern etwa auch Gebinde von 350 oder 500 Litern. Schließlich noch die »Toastung«, die von »mittel« bis »stark« reicht und dem Wein zusätzlich Struktur verleiht. Doch bis es so weit ist, ist es ein weiter Weg.

Holz bezieht François Frères nur aus den nachhaltig bewirtschafteten Wäldern von Alliers in Zentralfrankreich. Vor mehr als 300 Jahren ließ Jean-Baptiste Colbert, Minister unter Ludwig XIV., für den Bau der königlichen Flotte rund 10.000 Hektar Eichenwälder anlegen – und dieser Schatz bildet bis heute die Basis für den Fassbau. Nur gerade und völlig gesunde, parasitenfreie Stämme von 120- bis 150jährigen Bäumen finden bei François Frères Verwendung. Nach einer gewissen Lagerzeit werden die Stämme zerlegt und für den Fassbau vor Ort zugeschnitten. Für die wertvollen Dauben kommt nur das „Herz“ des Stammes – der mittlere und beste Teil – zur Verarbeitung, alles andere wird rigoros ausgeschieden. Doch selbst dann werden die Dauben nicht sofort verarbeitet, sondern müssen weitere Zeit reifen. Bis zu vier Jahre sind sie der Witterung ausgesetzt und in dieser Zeit sorgt auch das einzigartige Mikroklima des Ortes für weitere Verfeinerung. Ein schwieriger Zeitraum, der manches Risiko birgt.

Rund 40 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, die pro Fass benötigten 25 Dauben zusammenzustellen und mit Eisenringen in Form zu bringen. Das erfordert neben Muskelkraft auch einiges Geschick, denn tatsächlich werden die Metallreifen mit kräftigen Hammerschlägen über die zusammengestellten Dauben getrieben, und gelegentlich geht das auch schmerzhaft daneben, wie Lilian Hyza berichtet. Toastung und das Einsetzen der Fassböden sind die nächsten Arbeitsschritte, bevor zwei kritische Augenpaare das Ergebnis besichtigen und als letzter Schritt die Beschriftung der Fässer folgt.

Beeindruckend ist das Endergebnis, das natürlich seinen Preis hat. Je nach Größe kostet das fertige Fass dann zwischen 730 und 900 Euro. Kein Schnäppchen, sicher, aber angesichts der Sorgfalt und der gelieferten Qualität jeden Euro wert. Schließlich profitieren neben den Winzern auch die Weinliebhaber davon.

P.S: Ein Besuch der Tonnellerie ist in der Regel für Privatpersonen nicht möglich. Wir danken der Pressebeauftragten von François Frères, Mme. Claire Contamine, für die Vermittlung.

Unabhängig davon lohnt sich ein Besuch des Ortes wegen seiner spektakulären Lage und Umgebung. Danach empfiehlt sich eine Weiterfahrt zur Ferme de la Ruchotte von Frédéric Ménager in Bligny-sur-Ouche (ca. 30 Minuten Fahrzeit), um in den Genuss eines unvergesslichen Mittagessens mit hofeigenen Bio-Produkten zu kommen (Mi-So, nur Mittagessen, abends geschlossen, Reservierung unbedingt erforderlich!): www.lafermedelaruchotte.com

Einen Bericht über die diesjährige Reise von Slow Food Mitgliedern nach Burgund finden Sie hier. (Link zu www.slowfood-muenchen.de).
Die Reise wird im kommenden Jahr wiederholt. Vsl. Reisedatum: 26.Juni bis 3. Juli 2020. Informationen bei Markus Hahnel, Slow Food München (muenchen@slowfood.de).